Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankungen (NMOSD)

1. Was ist die Diagnose von Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankungen?

Die Diagnose von Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankungen (NMOSD) basiert auf einer Kombination aus klinischen Symptomen, bildgebenden Befunden und dem Nachweis spezifischer Autoantikörper. NMOSD ist eine seltene, autoimmun bedingte Erkrankung des zentralen Nervensystems (ZNS), die typischerweise den Sehnerv (Optikusneuritis), das Rückenmark (Myelitis) oder den Hirnstamm betrifft.

Die Diagnose wird gestellt, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:
Klinische Symptome: Mindestens eines der sechs Kernsymptome (Optikusneuritis, akute Myelitis, Area-postrema-Syndrom, Hirnstammsyndrom, dienzephales Syndrom oder zerebrales Syndrom).
Bildgebung: Magnetresonanztomographie (MRT) zeigt typische Läsionen, wie langstreckige Myelitis (über ≥3 Wirbelkörpersegmente) oder spezifische Hirnstamm- oder Hirnläsionen.
Serologische Befunde: Nachweis von Aquaporin-4-IgG-Antikörpern (AQP4-IgG) im Serum, die bei etwa 80 % der Patienten vorhanden sind. Bei negativem AQP4-IgG-Befund kann der Nachweis von Myelin-Oligodendrozyten-Glykoprotein (MOG)-Antikörpern hilfreich sein.

Die Diagnosekriterien wurden 2015 vom International Panel for NMOSD Diagnosis (IPND) festgelegt und 2021 in die Leitlinien übernommen. Sie unterscheiden zwischen NMOSD mit und ohne AQP4-IgG-Antikörpern.


2. Was sind die Ursachen von Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankungen?

NMOSD ist eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem fälschlicherweise körpereigene Strukturen angreift. Die Hauptursache ist die Bildung von Autoantikörpern gegen das Wasserkanalprotein Aquaporin-4 (AQP4), das vor allem auf Astrozyten im ZNS exprimiert wird. Diese Antikörper lösen eine Entzündungsreaktion aus, die zu Schäden an Astrozyten und sekundär zu einer Demyelinisierung der Nervenzellen führt.

Pathogenese:
Autoantikörper: AQP4-IgG-Antikörper binden an AQP4 auf Astrozyten und aktivieren das Komplementsystem, was zu Entzündungen und Zellschäden führt.
Entzündungsreaktion: Die Schädigung der Astrozyten schwächt die Blut-Hirn-Schranke und führt zur Infiltration von Entzündungszellen, die auch Oligodendrozyten und Neurone schädigen.
Demyelinisierung: Im Gegensatz zur Multiplen Sklerose (MS) ist die Demyelinisierung bei NMOSD sekundär und folgt der Astrozytenschädigung.

Risikofaktoren:
– Weibliches Geschlecht (Frauen sind 9-mal häufiger betroffen als Männer).
– Genetische Prädisposition (bestimmte Varianten des Haupthistokompatibilitätskomplexes).
– Ethnische Herkunft (häufiger bei Menschen asiatischer oder afrikanischer Abstammung).
– Assoziation mit anderen Autoimmunerkrankungen wie Myasthenia gravis, systemischem Lupus erythematodes oder Sjögren-Syndrom.


3. Welche Symptome treten bei Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankungen auf?

Die Symptome von NMOSD sind vielfältig und hängen von den betroffenen Regionen des ZNS ab. Zu den Kernsymptomen zählen:

  1. Optikusneuritis: Entzündung des Sehnervs, die zu Sehstörungen, Schmerzen bei Augenbewegungen und im schlimmsten Fall zur Erblindung führen kann.
  2. Akute Myelitis: Entzündung des Rückenmarks, die Muskelschwäche, Lähmungen, Sensibilitätsstörungen und Blasenfunktionsstörungen verursacht.
  3. Area-postrema-Syndrom: Anhaltende Übelkeit, Erbrechen und Schluckauf aufgrund einer Entzündung im Hirnstamm.
  4. Hirnstammsyndrom: Schluckstörungen, Doppelbilder, Gesichtslähmungen und andere neurologische Ausfälle.
  5. Dienzephales Syndrom: Schlafstörungen, Hormonstörungen und Bewusstseinsveränderungen.
  6. Zerebrales Syndrom: Kognitive Störungen, epileptische Anfälle oder psychiatrische Symptome.

Die Symptome treten oft schubweise auf und können zu bleibenden Behinderungen führen, wenn sie nicht rechtzeitig behandelt werden.


4. Wie wird Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankungen behandelt?

Die Behandlung von NMOSD umfasst zwei Hauptziele: die Akuttherapie von Schüben und die Langzeittherapie zur Schubprävention.

Schubtherapie:

  • Glukokortikoide: Hochdosierte intravenöse Methylprednisolon-Therapie (1.000 mg/Tag über 5 Tage) ist die Erstlinientherapie bei akuten Schüben.
  • Aphereseverfahren: Plasmapherese oder Immunadsorption wird eingesetzt, wenn die Steroidtherapie nicht ausreicht oder bei schweren Schüben. Diese Verfahren entfernen schädliche Antikörper aus dem Blut.

Langzeittherapie:

Die Langzeittherapie zielt darauf ab, weitere Schübe zu verhindern und das Fortschreiten der Erkrankung zu bremsen. Folgende Medikamente sind zugelassen oder werden off-label eingesetzt:

  1. Eculizumab (Soliris®):
  2. Ein monoklonaler Antikörper, der das Komplementsystem hemmt.
  3. Zugelassen für AQP4-IgG-positive NMOSD-Patienten.
  4. Wird als Infusion verabreicht und reduziert das Schubrisiko deutlich.

  5. Satralizumab (Enspryng®):

  6. Ein Anti-Interleukin-6-Rezeptor-Antikörper, der Entzündungen hemmt.
  7. Zugelassen für AQP4-IgG-positive NMOSD-Patienten.
  8. Wird subkutan injiziert.

  9. Inebilizumab (Uplizna®):

  10. Ein B-Zell-depletierender Antikörper, der gegen CD19 gerichtet ist.
  11. Zugelassen für AQP4-IgG-positive NMOSD-Patienten.

  12. Off-Label-Therapien:

  13. Rituximab: Ein Anti-CD20-Antikörper, der B-Zellen depletiert.
  14. Azathioprin und Mycophenolat-Mofetil: Immunsuppressiva, die die Aktivität des Immunsystems unterdrücken.
  15. Tocilizumab: Ein Anti-IL-6-Rezeptor-Antikörper, der bei therapierefraktären Fällen eingesetzt wird.

Prognose:

Unbehandelt führt NMOSD häufig zu schweren Behinderungen wie Erblindung oder Gehbehinderungen. Mit einer frühzeitigen Diagnose und konsequenten Therapie kann die Prognose jedoch deutlich verbessert werden. Die Mortalität ist in den letzten Jahren dank moderner Therapien stark zurückgegangen.


NMOSD ist eine schwerwiegende Erkrankung, die eine schnelle Diagnose und gezielte Therapie erfordert. Durch die Fortschritte in der Immuntherapie haben sich die Behandlungsmöglichkeiten und die Lebensqualität der Patienten in den letzten Jahren erheblich verbessert.

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